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Elizabeth George: "Meisterklasse" - Rezension

Nach „Wort für Wort“ hat Elizabeth George einen weiteren Schreibratgeber veröffentlicht, der noch mehr von Beispielen lebt. Ihren ersten Ratgeber nennt Andreas Eschbach in seinen Buchtipps zum Schreibenlernen neben Stephen King und James N. Frey und empfiehlt, George zu lesen, wenn es denn bei nur einem Schreibratgeber bleiben soll. Und das, obwohl er die Krimis der Autorin, so klingt es zwischen den Zeilen durch, gar nicht besonders schätzt. Was ist also dran an der Art und Weise, wie die Autorin übers Schreiben schreibt?

Nicht nur schnöde Theorie

Das wahrscheinlich Wichtigste: Sie wird sehr konkret und gibt für alle Ratschläge Beispiele aus ihren eigenen Texten. Wer sich schwer damit tut, die Theorie ins eigene Schreiben zu übertragen, bekommt hier die Praxis gleich dazu. „Meisterklasse“ illustriert alle angesprochenen Themen an einem einzigen Roman: „Doch die Sünde ist scharlachrot“ und jedes Kapitel schließt mit Übungen, in denen man das Gelesene gleich selbst anwenden kann.

 

Themen sind unter anderem Recherche, Figuren, Landschaft, Dialog, Erzählstimme, Erzählperspektive und  ihre  Geschwätzvermeidungsstrategie. Ein Schwerpunkt liegt für mein Empfinden auf der Szenengestaltung. Immer wieder spielt auch der Schreibprozess, die Schreiborganisation und das detaillierte Vorgehen von George selbst eine Rolle.

 

 

Elizabeth George unterrichtet kreatives Schreiben und hat in Vorbereitung auf dieses Buch mit Student*innen ihr Material getestet und ausprobiert. Und sie selbst arbeitet genau mit diesen Methoden. Wer wie Elizabeth George beim Schreiben sehr viel plant (oder vorhat, das zu tun) wird hier eine genaue Anleitung bekommen. Aber auch wer eher „darauf los schreibt“ (soll es ja geben), kann hier eine Menge mitnehmen. Denn sie macht klar: Auch wenn sie sehr viel plant und recherchiert (unglaublich viel in meinen Augen), entsteht die eigene Handlung dann doch beim Schreiben selbst. Je sicherer sie sich durch die Vorarbeit fühlt, desto kreativer kann sie im eigentlichen Schreibprozess sein: 

„Insofern dienen alle Schritte meines Schreibprozesses dazu, mir meine Ängste und mein Beurteilungskommitee vom Hals zu schaffen und meine rechte Gehirnhälfte zu überlisten.“ (S. 251)

Disziplin ist entscheidend

Gute Prosa entsteht, so die Bestsellerautorin, durch

  1.  Handwerk,
  2.  Lektüre und
  3.  Übung.

Und zu allen dreien gehört wiederum Disziplin: 

„… dass es vor allem auf Disziplin ankommt. Wer Romane schreibt, bekommt alles Mögliche an guten Ratschlägen und Empfehlungen zu hören, aber einen Autor, dem es an Selbstdisziplin mangelt, helfen die guten Ratschläge nichts.“ (S.402)

Dem würde ich mich anschließen.

 

Ich kann das Buch allen Schreibenden empfehlen, die noch etwas dazulernen wollen oder einfach mal einer anderen Autorin über die Schulter schauen möchten. 


Hinweise:

  • Ich kann mir vorstellen, dass es hilft, vorher „Doch die Sünde ist scharlachrot“ zu lesen, um die Beispiele besser einordnen zu können. Wer es erst hinterher liest, wird  außerdem ordentlich gespoilert.
  • Es gibt Parallelen zu „Wort für Wort“, das Buch setzt aber andere Schwerpunkte.

 

 


 

 

 

 

 

 

Elizabeth George: Meisterklasse. Wie aus einer guten Idee ein perfekter Roman wird.

Goldmann, 2022

414 Seiten, Hardcover

ISBN: 9783442315628

 

 

Danke an den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.

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